Beute Mensch

KONZERT THEATER BERN

«Was dort gezeigt wird, begeistert – wie bereits der Auftakt auf der grossen Bühne des Theaters. Da streiten sich drei um ein Stück Kreatur, das sie sich für ihre Bedürfnisse erschaffen wollen wie einst in der Schauermär die drei Sennen ihr Tuntschi: Ein Sexspielzeug will der smarte junge Mann, eine omnipräsente gute Seele für Haushalt und Kinderbetreuung wünscht sich die Geschäftsfrau, eine 24-Stunden-Pflegemagd der alte Mann, und billig sollten sie alle sein. Wie der Umgang mit diesem gefragten Material sich so gestaltet, das erfährt man in intimen Kabinettauftritten. Dicht gedrängt sitzt Grüppchen um Grüppchen im Büro von Alexander Ott. Dem Chef der Fremdenpolizei gelingt es eindrücklich mit seinem selber verfassten knappen Text, sowohl das tagtägliche Dilemma der Behörden als auch das ganze Ausmass von Menschenhandel und -schmuggel aufzuzeigen, einem Geschäft, das heute lukrativer ist als der Drogen- und Waffenhandel.» Der Bund, 10. Juni 2013

«Das Projekt sprengt die Grenzen des Theaterraumes und rückt hinter die Bühne und in die Werkstätten vor, schickt das Publikum ins Büro der städtischen Fremdenpolizei oder in die Französische Kirche, gewährt Einlass in eine Wohnung, wo vormals der bundesrätliche Hüter des Schweizertums gelebt hat. Hier aber sitzt nun in der Küche eine Schauspielerin und erzählt in der Rolle der Arbeitgeberin die Geschichte einer Sans-Papiers-Haushalthilfe aus Kolumbien.» NZZ, 13. Juni 2013

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Das Bekenntnis eines Masochisten

Kultur - Theater

Herr M. ist ein ganz normaler Mann. Er arbeitet als Grafiker in einer Werbeagentur. Darüber hinaus ist Herr M. bekennender Masochist. Seitdem die süsse Janinka, seine erste Liebe, ihm ordentlich den Hintern versohlt hat, ist er dieser Abart der Sexualität verfallen. Leider aber lebt er in einem so dermassen öde vorsichtigen Land, in dem selbst Dominas ihre Kunden Fragebögen ausfüllen lassen, um Sicherheitsrisiken zu minimieren.

Herr M. macht sich auf die Suche nach stärkeren Kicks. Doch weder bringt die Teilnahme an einer Demonstration von Linksextremen beim Internationalen Währungsfonds die ersehnte Prügelei, noch der Besuch eines Skinhead-Konzerts in der Verkleidung eines dunkelhäutigen Ausländers. Glücklicherweise entdeckt Herr M. schliesslich, dass das Arbeitsleben eine Quelle herrlicher Demütigungen
sein kann. Fortan findet er vollumfängliche Befriedigung durch Gehaltskürzungen, unbezahlte Überstunden, Urlaubsverzicht, fehlende Sozialleistungen. Noch besser aber wird es, als er seine Stelle in der Werbeagentur verliert, als Putzmann in einem Kaufhaus anheuert und mit fünf teilweise illegalen Teilzeitstellen knapp überleben kann. Der Höhepunkt seines Lebens als Arbeitssklave ist die Teilnahme an der «Human – Resources – Olympiade», bei der er mit seinem Bedürfnis sich ausbeuten zu lassen selbst gegen die Chinesen gewinnt. – Niemand schuftet ausdauernder und aufopferungsvoller als die Bewohner eines kleinen Landes in Europa, die in der Lage sind, aus Schmerz Lustgewinn zu ziehen.

«Safe, sane and consensual»: So lautet die Regel für sadomasochistische Verhältnisse. Und sicher, vernünftig und freiwillig sind auch die Arbeitsverhältnisse, denen wir uns unterwerfen. Der tschechische Autor Roman Sikora hat eine grelle, nachdenklich machende Farce über das pervertierte Verhältnis des Mitteleuropäers zu seiner Arbeit geschrieben, die den Nagel auf den Kopf trifft.

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Die drei Räuber

KONZERT THEATER BERN

MÄRCHEN FÜR KINDER AB 6 JAHREN

NACH DEM BUCH VON TOMI UNGERER UND DEM ANIMATIONSFILM VON HAYO FREITAG

Schwer bewaffnet machen drei Räuber den Wald unsicher, gehen auf nächtlichen Beutezug und raffen Gold zusammen, was das Zeug hält. Eines Tages überfallen sie eine Kutsche, in der sich nichts weiter befindet als das kleine Mädchen Tiffany. Dieses hat seine Eltern verloren und ist auf dem Weg in ein Waisenhaus, das von der Leiterin mit strenger Hand regiert wird. Denn die Leiterin hat ein Laster: Süssigkeiten! Ihr Motto:
«Ohne Rübe keine Liebe!»

Tag und Nacht lässt sie die ihr anvertrauten Waisenkinder auf dem Zuckerrübenfeld und in der Fabrik schuften, um Süssigkeiten herzustellen, die nur sie allein verspeist. Im Angesicht der drei Räuber wittert die mutige, gewitzte Tiffany ihre Chance, anstatt eines Lebens als Arbeitssklavin auf den Rübenfeldern ein lustiges Räuberleben zu führen. Unter Vorspiegelung der falschen Tatsache, sie sei die Tochter eines steinreichen Maharadschas, begibt sich Tiffany freiwillig als Geisel in die Hände der Räuber und bringt deren Leben gehörig durcheinander. Sie malert die Räuberhöhle, sorgt für geregelte Arbeits- und Mahlzeiten und bringt den dreien endlich das Lesen und Schreiben bei. Schliesslich entdeckt sie die Kammer, in der die Räuber ihre erbeuteten Schätze achtlos horten ohne jemals davon Gebrauch zu machen. Schnell ist klar, wofür der ganze Reichtum genutzt werden soll: Kurzerhand überfällt Tiffany mit ihren drei Räuber-Freunden das Waisenhaus, entmachtet die Leiterin, übernimmt das Kommando, beschenkt die Kinder mit den Süssigkeiten und sorgt dafür, dass alle glücklich und in Frieden ein süsses und erfülltes Leben führen.

Fast fünfzig Jahre alt ist der Kinderbuchklassiker von Tomi Ungerer aus dem Jahre 1963, der 2007 kongenial als abendfüllender Animationsfilm adaptiert wurde und die Handlung des Bilderbuchs um einen weiteren Handlungsstrang und Musik erweitert. Es ist ein Stück für Gross und Klein über Anarchie, Mut, Frechheit und die Kraft des Miteinander.