Geächtet

„Geächtet“ wurde in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift „theater heute“ zum besten ausländischen Stück des Jahres gewählt.

Zwei Paare geraten während eines Abendessens in einem New Yorker Appartement aneinander und aus einer anfangs harmlosen, intellektuellen Konversation heraus entwickeln sich Vorwürfe und Anschuldigungen, die zu Rollenkonflikten führen und den Abend eskalieren lassen. Der Gastgeber Amir, erfolgreicher Anwalt pakistanischer Herkunft, ist überaus bemüht, sich an die westliche Gesellschaft anzupassen, und hat nicht nur seinen Vornamen Mohammed abgelegt, sondern dem Islam gleich gänzlich abgeschworen. Von seiner amerikanischen Ehefrau Emily, einer liberalen Künstlerin, die hingegen für islamische Malerei schwärmt und deren Kurator Isaac, der sich seiner jüdischen Wurzeln sehr bewusst ist, muss er sich allerdings vorwerfen lassen, seine Herkunft zu verleugnen und trotzdem muslimische Klischees zu produzieren. Als sich dann noch herausstellt, dass seine afroamerikanische Arbeitskollegin Jory, Ehefrau von Isaac, anstatt seiner befördert wird, dreht der Vorzeigeamerikaner mit Migrationshintergrund durch. Alles Aufgestaute, Unterdrückte, Verleugnete, das er stets akribisch zu vermeiden und verbergen suchte, bricht sich Bahn …

„Geächtet“ ist ein Stück der Stunde, das die alltäglicher werdenden Konflikte unserer Gesellschaft schonungslos auf den Punkt bringt. In der realistisch-prägnanten Art eines auf den dramatischen Konflikt zugespitzten well-made-plays erinnert dieses Kammerspiel an Yasmina Rezas berühmten „Gott des Gemetzels“. Auch hier tritt die animalische Seite des gebildeten, zivilisierten Menschen ungeschönt zu Tage, hervorgerufen durch Konflikte, die dicht am Puls unserer Zeit liegen. Gezeigt werden mögliche Auswirkungen einer globalisierten, von Migrationsbewegungen geprägten Mittelschicht, in der jede und jeder zugleich Opfer und Täter ist. Das Stück spricht aus jeder Perspektive Vorurteile an, die verneint und gleichzeitig bestätigt werden, und zeigt das Bedürfnis des Menschen, sich religiösen oder politischen Positionen, Ideologien oder Sinneinheiten hinzugeben oder gar unterzuordnen, wobei diese Kategorien immer mehr verschwimmen.