dosenfleisch

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Der Zwang zur Effizienz lässt Menschen zu Zahlen werden, die wir medial Tag für Tag durch das Fernsehen und die Presse konsumieren: eine Vielzahl an Unglücksopfern, die wir nicht fassen können. Das System schafft keinen Platz für das Unfassbare; zum Beispiel für Menschen, die nicht erfassbar sind, weil sie keinen chronologischen Lebenslauf oder Formulare vorzuweisen haben, die demnach praktisch gar nicht existieren. Ferdinand Schmalz’ „dosenfleisch“ thematisiert die Flucht und die Heimatlosigkeit, das Ankommen, die Suche nach dem vertrauten Ich im fremden Wir. Und das in einer sehr vertrauten Umgebung: der Autobahn.

An einer Autobahnraststation im Nirgendwo treffen drei Personen aufeinander und erwarten den nächsten Unfall. Der Versicherungsvertreter Rolf beobachtet sensationslüstern das an ihm vorbeiziehende Geschehen und ahnt schon, dass ihm trotz Versicherung das Unvorhersehbare bevorsteht. Jayne und Beate, zwei Frauen, die an der Tankstelle arbeiten, sind von der Autobahn gezeichnete Körper, deren Erinnerungen überfahren und zubetoniert wurden. Nun lassen sie auch Rolf, den Zuseher, ihre Wunden am eigenen Leib spüren und zertrümmern seine voyeuristische Schutzscheibe. Ihre Narben erzählen Geschichten, die nicht mit Tinte auf Papier, sondern mit Blut auf Haut gedruckt wurden. Und so „atmet der Asphalt“, während jedes Leben endet und nur die Spuren davon endlos weitergehen. In diesem „Roadmovie“ für das Theater tauchen festgefahrene Figuren auf, die von ständiger Bewegung und Raserei in einer kontinuierlich beschleunigten Welt umgeben sind. Immer schneller läuft das Leben; der menschliche Körper verfällt wie der abgelaufene Inhalt einer Konservendose.

Der junge Grazer Autor Ferdinand Schmalz entwirft mit „dosenfleisch“ ein bizarr-komisches Endzeitszenario auf der Raststation, für das Quentin Tarantino Pate gestanden haben könnte.